In jedem Franchisevertrag finden sich ausführliche Regelungen darüber, wer – also der Franchisegeber, oder der Franchisenehmer – gegen Wettbewerbsverletzungen von Mitbewerbern einschreiten muss und darf, und wer die dabei entstehenden Kosten zu tragen hat.
Konkretes Wettbewerbsverhältnis
Zunächst aber muss geklärt werden, wer überhaupt rechtlich als Wettbewerber eines anderen Unternehmens anzusehen ist. Nach dem UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) sind normalerweise Wettbewerber solche Unternehmen, die miteinander darum konkurrieren, bestimmte Produkte oder Dienstleistungen an dieselbe Kundengruppe zu vertreiben.
Hierbei ist unumstritten, dass die beiden Unternehmen nicht auf derselben Stufe eines mehrstufigen Vertriebssystems stehen müssen. Somit ist es durchaus möglich, dass ein Franchisegeber, der in seinen eigenen Regiebetrieben bestimmter Produkte verkauft, in einem Wettbewerbsverhältnis mit Franchisenehmern eines anderen Systems steht, weil sich beide als Betreiber von Outlets direkt an die jeweiligen Kundenkreise wenden.
Wettbewerb zwischen Franchisegeber und anderen Einzelhändlern?
Wie aber verhält es sich, wenn der Franchisegeber selbst überhaupt keine Eigenbetriebe geführt, sondern ausschließlich als Franchisezentrale für seine Franchisenehmer fungiert? Kann er trotzdem gegen andere Unternehmer auf der untersten Vertriebsstufe vorgehen, die sich wettbewerbswidrig verhalten? Denn schließlich bieten diese beiden Unternehmen gerade nicht gleichartige Produkte an. Denn der Franchisegeber vertreibt Franchise-Lizenzen, der entsprechende Händler jedoch die Endprodukte selbst.
Mit dieser Problematik hat sich der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil zum wiederholten Male ausführlich auseinandergesetzt anlässlich eines Falles aus der Schmuckbranche. Hierbei wehrt sich ein Unternehmen, welches Lizenzen bezüglich der Herstellung bestimmter Schmuckartikel vergibt, gegen wahrheitswidrige Werbeanpreisungen eines anderen Schmuckhändlers hinsichtlich der Nickelfreiheit seiner Produkte.
Vorteile des Verletzers müssen in Wechselwirkung zu Nachteilen des Verletzten stehen
Der Bundesgerichtshof hat erneut klargestellt, dass von der normalerweise bestehenden Voraussetzung für ein Wettbewerbsverhältnis hinsichtlich des Vertriebs an den gleichen Kundenkreis dann abgesehen werden kann, wenn sich das eine Unternehmen durch sein wettbewerbswidriges Verhalten Vorteile erwirbt, die unmittelbar zu Nachteilen des anderen Unternehmens werden können. Genauso sei es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs im Falle des Verhältnisses eines Lizenzgebers zu einem Einzelhändler aus derselben Branche. Denn mit seinen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen schade der betreffende Einzelhändler direkt den Einzelhändlern, die von dem Lizenzgeber Lizenzen erworben haben. Dadurch sei direkt auch der Lizenzgeber betroffen, weil sich der sinkende Umsatz seiner Lizenznehmer zwangsläufig auch auf den Erfolg seines Unternehmens auswirken würde.
Dieser Fall lässt sich ohne weiteres auf Franchisesysteme übertragen. Wenn beispielsweise die Franchisenehmer eines Systemgastronomiekonzeptes wettbewerbswidrige Verhaltensweisen an den Tag legen, schaden sie zunächst den Franchisenehmern des konkurrierenden Franchisesystems, und damit aber auch dem Franchisegeber, der seinen Erfolg von den Erfolgen seiner Franchisenehmer ableitet.
Zuständigkeiten für wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten in Franchisesystemen
Somit können also Franchisegeber sehr wohl direkt bezüglich wettbewerbsrechtlicher Unterlassungs-, Schadensersatz- oder Auskunftsansprüche gegen Franchisenehmer anderer Systeme vorgehen und umgekehrt. Ob dies im Einzelfall sinnvoll ist, oder ob entsprechende wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten nicht besser auf derselben Vertriebsstufe entweder zwischen den einzelnen Franchisenehmern einer Region oder auf Franchisegeberebene ausgetragen werden sollen, muss im Einzelfall entschieden werden. Außerdem bieten die Franchiseverträge dafür Regelungen, die den Bedürfnissen des konkreten Systems anzupassen sind.
BGH, Az. I ZR 43/13, Urteil vom 10.04.2014