Franchising für Ärzte

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Kürzlich hat sich der Deutsche Franchiseverband im Rahmen einer Online-Innovationskonferenz mit dem Thema „Franchise für Ärzte“ beschäftigt. In vielen Branchen ist das Franchising eine weitverbreitete und allgemein bekannte Form der Skalierung und eine gängige Vertriebsmethode, in anderen Branchen jedoch wird immer wieder Neuland betreten, wenn zum Zwecke der Multiplizierung eines erfolgreichen Geschäftskonzepts Franchising in Rede steht. Ein Beispiel ist dabei auch die Gesundheitsbranche.

Franchising in der Gesundheitsbranche

Zwar ist im Bereich Pflege und auch bezüglich anderer sozialer Dienstleistungen Franchising bereits breit vertreten, allerdings bestehen bezüglich des besonderen Berufs eines Arztes immer noch erhebliche rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten bei der Beurteilung, inwieweit Franchising auch hier möglich sein soll.

Franchiseähnliche Modelle zur Optimierung der Praxisabläufe

Im Rahmen der Innovationskonferenz wurde deutlich, dass es durchaus in der Gesundheitsbranche und speziell auch im Bereich Ärzte und Kliniken durchaus franchiseähnliche Kooperationsmodelle gibt. Häufig werden auch nur Teile dessen, was ein vollwertiges Franchisesysteme ausmacht, realisiert, so beispielsweise eine umfassende Unterstützung in IT-technischer Hinsicht und eine vollständige Kanzleilogistik. Die einheitliche Marke und der einheitliche Außenauftritt jedoch sind Elemente, die bei Ärzte-Kooperationen meist noch nicht die große Rolle spielen. Dennoch ist davon auszugehen, dass hier durchaus in der Zukunft noch ganz erhebliche Entwicklungen zu beobachten sein werden.

Gerichtsurteil des Bundesgerichtshofs

In einem schon bereits einige Jahre alten Urteil des Bundesgerichtshofs ging es letztlich genau um die entscheidende Frage, inwieweit ein Arzt selbstständig sein kann, und sich andererseits aber auch in erheblichem Maße in franchiseähnliche Strukturen einbinden lassen darf. Der Begriff Franchising tauchte im Zusammenhang in dem betreffenden Prozess allerdings nicht auf. Spannender Weise bildet hier ausnahmsweise das Strafrecht den Hintergrund für die rechtliche Auseinandersetzung mit der Problematik.

Es ging um eine Dienstleistungsgesellschaft mit zwei Geschäftsführern, die hier wegen Abrechnungsbetrug zulasten der kassenärztlichen Vereinigungen angeklagt waren. Die von den beiden Angeklagten geführte GmbH hatte umfassende Leistungspakete für Laborärzte entwickelt, sowohl in logistischer, als auch in IT-technischer Hinsicht. Außerdem wurden vollständig eingerichtete Praxisräume an sogenannte Laborärzte an den jeweiligen Standorten vermietet. Die Laborärzte vor Ort waren dann selbstständig tätig und rechneten ihre medizinische Tätigkeit an den Patienten auch ganz regulär gegenüber den kassenärztlichen Vereinigungen ab.

Status eines Arztes „in freier Praxis“

Die Staatsanwaltschaft, die hier Anklage zum Landgericht Augsburg erhoben hatte, war jedoch der Ansicht, dass es sich bei diesen Laborärzten nicht um Ärzte handelte, die „in freier Praxis“ im Sinne von § 32 Abs. 1 S. 1 der Zulassungsordnung für Vertragsärzte Gesundheitsleistungen erbringen würden. Vielmehr seien sie in erheblichem Maße von der oben genannten Gesellschaft, mit der sie Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen hatten, abhängig.

Das Landgericht Augsburg, und dann auch der BGH, der im Wesentlichen dessen Entscheidung bestätigt hat, haben sich dann ausführlich mit der Frage beschäftigt, wann ein Arzt als ein solcher „in freier Praxis“ tätiger Arzt bezeichnet werden kann. Die Diskussion gleicht nahezu exakt derjenigen rechtlichen Diskussion, die in den Anfangszeiten des Franchisings in Deutschland vor vielen Gerichten ausgetragen wurde. Nämlich die Frage, inwieweit ein Franchisenehmer Arbeitnehmer, eine arbeitnehmerähnliche Person, oder doch ein echter Selbstständiger ist. Während im üblichen Franchising diese Frage nie mehr ernsthaft diskutiert wird, und die Selbstständigkeit des Franchisenehmers ohne weiteres anerkannt ist, musste nun, wohl aufgrund der vermeintlichen Besonderheiten des Arztberufes, diese Diskussion nahezu identisch nochmals für diesen Berufsstand wiederholt werden.

Abgrenzungskriterien wie bei den Statusfragen bzgl. eines Franchisenehmers

Aber auch hier haben beide Gerichte klar betont, dass es für eine Tätigkeit „in freier Praxis“ im Wesentlichen auf die Tragung des wirtschaftlichen Risikos, und auf die allgemeine Handlungsfreiheit im Rahmen der Berufsausübung ankommt. Beides wurde zugunsten einer Selbstständigkeit der genannten Laborärzte gewichtet. Denn obwohl die Ärzte zwar nicht selbst in die Räumlichkeiten investiert, sondern diese lediglich angemietet hatten, hing ansonsten deren wirtschaftlicher Erfolg von ihrer eigenen Tätigkeit ab, u.a. weil sie in Eigenverantwortung ihre medizinischen Tätigkeiten an den Patienten abrechneten. Auch hinsichtlich der Handlungsfreiheit haben die Gerichte festgestellt, dass die Laborärzte eigenes Personal einstellen konnten, völlig frei über ihre tägliche Arbeitszeit und über ihre konkrete Tätigkeit an den Patienten entscheiden konnten, und in keiner Weise konkreten Weisungen der Dienstleistungsgesellschaft unterlagen.

Aus den genannten Gründen wurden dann die betreffenden Laborärzte wie Franchisenehmer, ohne dass der Begriff je gefallen wären, als selbstständig und auch als Ärzte „in freier Praxis“ im Sinne der medizinischen und sozialrechtlichen Vorschriften eingestuft.

Das Urteil und die ganze Diskussion zeigen, dass das Thema Franchising in vielen Branchen noch Neuland ist, und dass es sich letztlich jedoch auf nahezu alle Berufssparten anwenden lässt. Die Entwicklung bleibt spannend.

BGH, Az. 1 StR 535/16, Urteil vom 12.07.2017

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