Immer wieder bieten Gerichtsstandsvereinbarungen – oder aber auch das Fehlen einer ebensolchen – Anlass für Streitigkeiten und für juristische Spitzfindigkeiten.
Hintergrund ist die Tatsache, dass zunächst einmal geklärt werden muss, vor welchem Gericht man sich überhaupt bestreiten will bzw. darf. Denn der Anspruch auf den gesetzlichen Richter ergibt sich ausdrücklich aus dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz.
Gesetzliche Gerichtstände in der Zivilprozessordnung
Zunächst einmal bietet die Zivilprozessordnung in mehreren Paragrafen Regelungen, die festlegen, vor welchem Gericht man sich streiten kann. Häufig gibt es nur einen gesetzlichen Gerichtsstand, häufig aber auch mehrere, aus denen derjenige, der Klage erhebt, dann frei wählen kann. Oberster Grundsatz ist immer, dass eine Person an ihrem Wohn- bzw. Geschäftssitz verklagt werden kann. Dies nennt man den sogenannten Allgemeinen Gerichtsstand (§ 12 ZPO). Daneben gibt es aber auch zahlreiche besondere Gerichtsstände, beispielsweise kann auch am sogenannten Erfüllungsort geklagt werden (§ 29 ZPO). Das ist der Ort, an dem die diejenige vertragliche Verpflichtung, über die gestritten wird, erfüllt werden müsste. Auch gibt es sogenannte ausschließliche Gerichtsstände, die zwingend sind. Das bedeutet, es besteht dann kein Wahlrecht mehr, und es ist auch nicht möglich, vertraglich einen anderen Gerichtsstand zu vereinbaren. Prominentes Beispiel ist der Gerichtsstand der belegenen Sache in Mietangelegenheiten (§ 29a ZPO). Über Rechte und Pflichten aus einem Mietvertrag kann man sich also nur bei dem Gericht streiten, welches örtlich für den Bezirk, in dem die Wohnung oder der Geschäftsraum liegt, zuständig ist.
Mögliche Gerichtstände für Franchisegeber und Franchisenehmer
Nach alledem fragt sich, vor welchen Gerichten sich Franchisegeber und Franchisenehmer den streiten könnten. Grundsätzlich kann die eine Partei die andere stets an deren Geschäftssitz verklagen. Eine Klage des Franchisenehmers kann also bei dem für den Geschäftssitz des Franchisegebers zuständigen Amts- oder Landgericht eingereicht werden. Daneben gibt es aber auch die Möglichkeit der Klageeinreichung bei dem Gericht des Erfüllungsortes, wie dies bereits oben angedeutet wurde. Hier kann man sich dann streiten, welche konkrete streitgegenständliche Verpflichtung denn relevant ist, und wo diese zu erfüllen gewesen wäre. Wenn es beispielsweise dagegen darum geht, ob der Franchisenehmer seine Pflicht zum Betreiben seines Franchise-Outlets erfüllt, dürfte klar sein, an welchem Ort diese Verpflichtung zu erfüllen ist. Bei anderen Pflichten, beispielsweise Zahlungspflichten, ist dies keineswegs immer so eindeutig.
Gerichtsstandsvereinbarungen können für Klarheit sorgen
Um solche Streitigkeiten zu vermeiden, finden sich in fast allen Franchiseverträgen sogenannte Gerichtsstandsvereinbarungen. Das bedeutet, Franchisegeber und Franchisenehmer vereinbaren bereits im Franchisevertrag, welche Gerichte ausschließlich für etwaig entstehende Streitigkeiten zuständig sein sollen.
Fehlende Eindeutigkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen
Aber auch solche Gerichtsstandsvereinbarungen sorgen nicht immer für Klarheit. Beispielsweise hat jetzt das Landgericht Karlsruhe entschieden, dass eine nicht 100-prozentig eindeutige Formulierung auch dafürsprechen könne, dass ein vereinbarter Gerichtsstand lediglich zusätzlich zu den gesetzlichen Gerichtsständen wahlweise in Betracht kommen solle, und dass keinesfalls immer von einem Ausschluss der gesetzlichen Gerichtsstände auszugehen ist.
Gerichtsstandsvereinbarungen nur unter Kaufleuten
Das Kammergericht in Berlin hat sich jüngst mit der Frage beschäftigt, inwieweit ein Franchisenehmer, der zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Franchisevertrages noch kein Kaufmann im handelsrechtlichen Sinne ist, überhaupt wirksam eine Gerichtsstandsvereinbarung abschließen kann. Denn aus § 38 Abs. 1 ZPO ergibt sich, dass lediglich Kaufleute Gerichtsstandsvereinbarungen abschließen können. Diesen bereits seit langer Zeit schwelenden Streit, im Rahmen dessen es auch sehr unterschiedliche Gerichtsentscheidungen gegeben hat, hat das Kammergericht nun dahingehend entschieden, dass auch derjenige, der aufgrund der Unterzeichnung eines Franchisevertrages als Existenzgründer erst seine kaufmännische Tätigkeit aufnehmen will, dennoch als Kaufmann zu betrachten ist, und somit wirksam eine Gerichtsstandsvereinbarung unterzeichnen kann.
Fazit
Das sind alles sehr juristische und teilweise sehr spitzfindige Argumentationen, sie sollen aber verdeutlichen, wie wichtig es einerseits ist, bereits im Rahmen der Vertragsgestaltung klare Verhältnisse zu schaffen, und andererseits, im Falle einer Klageerhebung exakt sehr genau das zuständige Gericht zu ermitteln.
LG Karlsruhe, Az. 10 O 129/22, Beschluss vom 31.10.2022
KG, Az. 26 U 78/21, Urteil vom 24.05.2023