Ein Franchisesystem und eine starke Franchisemarke leben davon, dass mit vereinter Schlagkraft der Markt bearbeitet wird. Daher ist auch die überregionale Werbung ein ganz zentrales Medium, um die Bekanntheit der Marke voranzutreiben und allen Systempartnern dauerhaft zu wirtschaftlichem Erfolg zu verhelfen.
Preisbindung ist grundsätzlich kartellrechtlich unzulässig
Werbung jedoch beinhaltet in der Regel auch Werbung mit entsprechenden Preisen für bestimmte Produkte. Gerade im Einzelhandel und in der Systemgastronomie. Nun steht einheitlichen Preisen in Franchisesystem jedoch eine ganz entscheidende rechtliche Schranke entgegen. Da es sich bei Franchisenehmern und dem Franchisegeber jeweils um einzelne selbständige Unternehmer handelt, stellt auch die Vereinbarung einheitlicher Preise eine Absprache zwischen Unternehmen dar, die kartellrechtlich relevant ist. Gerade die Vereinbarung fester Preise zwischen unterschiedlichen Unternehmen, seien es Unternehmen derselben oder Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftsstufen, ist kartellrechtlich untersagt. Und sie stellt mit einen der schwersten Verstöße sowohl gegen deutsches, als auch gegen europäisches Kartellrecht dar.
Daher stellt sich immer wieder die Frage, wie Franchisesysteme für besondere Produkte und spezielle Aktionen werben dürfen.
Zulässigkeit von unverbindlichen Preisempfehlungen und Höchstpreisen
Die einschlägigen Regelungen der europäischen Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung gelten auch unmittelbar im deutschen Recht. Trotz des Verbots einer konkreten Preisbindung ist es jedoch erlaubt, Höchstpreise für Produkte festzulegen. Außerdem dürfen unverbindliche Preisempfehlungen ausgesprochen werden, und der Franchisegeber darf Preise für einmalige und kurzfristige Sonderaktionen festzulegen, sowie die Preise während der Einführungsphase eines neuen Produkts zu bestimmen.
Fernsehwerbung mit Sonderaktionen in Burger-Restaurants
Ein aktuelles Urteil des Landgericht München I beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit bestimmte Verhaltensweisen und Vereinbarungen nicht als unzulässige Preisbindung eingestuft werden. Hintergrund sind zwei verschiedene Werbeaktionen des Fast-Food-Giganten Burger King. Es wurden jeweils im Rahmen von Fernsehspots für sogenannte Probierwochen (jeweils ein bestimmter Burger zu einem besonders günstigen Preis von 1,99 € bzw. eine besondere Aktion hinsichtlich einer günstigen Menüzusammenstellung für 3,99) geworben. Da diese Fernsehspots natürlich in ganz Deutschland zu sehen waren, stellt sich die Frage, inwieweit es sich bei diesen Preisangaben um unzulässige Preisbindungen handelte. Sollte nämlich Burger King im Rahmen dieser Aktionen von seinen Franchisenehmern verlangen, dass sie alle diese Sonderaktionen ebenfalls durchführen, so läge möglicherweise eine verbotene Preisvereinbarung vor. Um dies zu verhindern ist es allgemein üblich, bei derartigen Werbeaktionen, sei es im Fernsehen, sei es auf Flyern oder Ähnlichem, hinzuzufügen, dass diese Angebote „nur bei teilnehmenden Händlern“ bzw. „teilnehmenden Restaurants“ gelten würden. Durch diese Formulierung soll sichergestellt werden, dass jeder einzelne Franchisenehmer frei ist, an einer solchen Aktion teilzunehmen oder nicht. Dies wiederum soll deutlich machen, dass keine Verpflichtung und somit keine unzulässige Preisbindung vorliegt.
Faktischer Zwang zur Teilnahme eines Franchisenehmers an Sonderaktionen?
Bei diesen Aktionen jedoch stellt sich immer wieder die Frage, ob sich nicht trotzdem alle Franchisenehmer in solchen Fällen quasi verpflichtet fühlen mitzumachen. Denn sonst könnten die Kunden, die in entsprechend froher Erwartung das Restaurant betreten, enttäuscht sein und abwandern.
Das Landgericht München I hat ganz klar festgestellt, dass ein gewisser Druck, sich auf eine bestimmte Preisgestaltung einzulassen, ganz allgemein zu einem hart umkämpften Wettbewerb dazu gehöre. Das bloße Gefühl, sich beteiligen zu müssen, weil es die meisten anderen es auch tun, reiche nicht aus, um von einer faktischen Preisbindung zu sprechen, so das Landgericht München I.
Die zulässige Grenze sieht das Landgericht als überschritten an, wenn sich der entsprechende Druck zu einem faktischen Zwang verdichtet. Von solch einem Zwang ist das Gericht in dem vorliegenden Fall ausgegangen. Grund dafür sind mehrere konkreten Details der Fernsehwerbung. Zwar wurde auch bei der Fernsehwerbung, die diese beiden Aktionen betraf, stets eine Mitteilung eingeblendet, dass die entsprechenden Preise nur in den teilnehmenden Restaurants gelten würden. Jedoch war das Gericht der Ansicht, dass diese Informationen so unauffällig gestaltet gewesen seien, dass der durchschnittliche Fernsehzuschauer diese gar nicht habe wahrnehmen können. Nehme der Zuschauer diese jedoch nicht wahr, glaube er, ein Recht auf die entsprechenden Angebote zu haben. Dies wiederum führe dann zu dem o. g. faktischen Zwang der einzelnen Franchisenehmer, an der Aktion teilzunehmen,.
Wahrnehmbarkeit von Werbehinweisen für den Verbraucher
Es waren genau vier Punkte, die das Landgericht an der Fernsehwerbung störten und die dazu führten, dass nach Ansicht des Gerichts die Verbraucher die entsprechenden Informationen in der Regel nicht wahrnehmen würden. Zum einen war der eingeblendete Sonderpreis nicht mit dem sonst üblichen Sternchen versehen, welches zumindest darauf hingedeutet hätte, dass es hinsichtlich dieses Preises möglicherweise noch Einschränkungen geben könnte, und dass man sich als Fernsehzuschauer entsprechend auf die Suche nach der Erläuterung diese Sternchens machen würde. Des Weiteren war die Information hinsichtlich der teilnehmenden Restaurants nur ganz kurz (2 oder 3 Sekunden) und winzig klein dargestellt, sodass nach Ansicht der Richter der durchschnittliche Fernsehzuschauer bei einer durchschnittlichen Bildschirmgröße diese Information kaum hätte lesen können. Schließlich bemängelte das Landgericht, dass die Information in den meisten Fällen der Werbespots nicht horizontal am unteren Bildrand, sondern vertikal am rechten Bildrand außen eingeblendet wurde, was zusätzlich die Lesbarkeit erschwerte.
All diese Kriterien zusammengenommen führten also nach Ansicht des Landgericht München I dazu, dass man die Information quasi als nicht erteilt betrachten müsse.
Eine Sonderaktion oder eine Kette vieler kurzer Aktionen?
Burger King berief sich unabhängig von der Frage einer Preisbindung zusätzlich noch darauf, dass schließlich Preisvorgaben für einmalige kurzfristige Sonderaktionen erlaubt seien, und darauf, dass die jeweiligen Aktionen, die insgesamt über mehrere Jahre liefen, sich jeweils immer nur eine Woche auf einen konkreten Burger oder ein konkretes Menü bezögen und dann in der darauffolgenden Woche wieder auf einen anderen Burger bzw. ein anderes Menü. Dieser Argumentation jedoch folgte das Landgericht nicht. Es war der Ansicht, trotz des wechselnden Burgers oder des wechselnden Menüs handle es sich fortdauernd um dieselbe Aktion (die „Probierwochen“). Es könne somit nicht von vielen aufeinander abfolgenden kurzen einzelnen Werbeaktionen ausgegangen werden.
Das Urteil des Landgerichts München I als Wegweisung?
Das Urteil ist in der Fachwelt nicht unumstritten, es ist wohl auch noch nicht rechtskräftig, sodass abzuwarten bleibt, was das in Franchiseangelegenheiten immer wieder durch wegweisende Entscheidungen hervorstechende Oberlandesgericht München dazu sagt.
Auch hat das Urteil natürlich den Ärger vieler Franchisegeber hervorgerufen, weil dadurch überregionale Werbung mit besonderen Aktionen sehr erschwert wird. Dennoch sollte man das Urteil zunächst einmal so nehmen wie es ist. Man kann darin zumindest die Chance sehen, bestimmte Hinweise zu erblicken, wie Werbung gestaltet werden sollte. Setzt man als Franchisegeber hinter dem beworbenen Preis ein Sternchen, blendet man die entsprechende Zusatzinformation hinsichtlich der teilnehmenden Betriebe vier oder mehr Sekunden ein und gestaltet man die Schriftgröße und die Positionierung der Mitteilung entsprechend deutlich, so dürfte nichts gegen eine entsprechende Aktionswerbung sprechen.
Stellungnahme des Deutschen Franchiseverbandes zur neuen Vertikal-GVO
Gleichwohl bleibt es ein Bestreben der deutschen Franchisewirtschaft, mehr Rechtsklarheit und mehr Werbefreiheit für Franchisegeber zu ermöglichen. Konkreter Anlass ist dabei auch das Auslaufen der Europäischen Gruppenfreistellungsverordnung zum 31. Mai 2022. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es eine Nachfolgeverordnung geben. Für diese jedoch hat die EU-Kommission in allen Ländern um entsprechende Stellungnahmen gebeten. So ist auch der Rechtsausschuss des Deutschen Franchiseverbandes derzeit damit beschäftigt, eine solche Stellungnahme zu erarbeiten. Er hat gerade hinsichtlich solcher Werbung klare Richtlinien angeregt, bzw. eine etwas großzügigere Freistellung entsprechender Werbemaßnahmen vom Preisbindungsverbot gefordert.
Es bleibt die Entwicklung abzuwarten, nicht nur hinsichtlich der weiteren Rechtsprechung, sondern auch hinsichtlich der insoweit entscheidenden Rechtssetzung durch die EU-Kommission im Rahmen der Vertikal-GVO.