Bei so genannten selektiven Vertriebssysteme ist es dem Hersteller von Markenprodukten wichtig, bestimmte Händler exklusiv zu beliefern, und die konkreten Vertriebswege unter Kontrolle zu behalten, um das Markenimage nicht zu gefährden. Immer wieder kommt es in unserer heutigen Zeit in diesem Zusammenhang zu Konflikten, wenn es um die Frage geht, ob Einzelhändler, die von dem betreffenden Hersteller beliefert werden, die Produkte auch über das Internet weiterverkaufen dürfen.
Grundsätzlich verstößt es sowohl gegen deutsches (§ 1 GWB), als auch gegen europäisches Kartellrecht (Art. 101 AEUV i.V.m. EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen), wenn ein Hersteller mit seinen Einzelhändlern bestimmte Vertriebsbeschränkungen vertraglich regelt, die den Wettbewerb in erheblicher Weise beeinträchtigen könnten. So ist es grundsätzlich unzulässig, das zwischen einem Hersteller und einem Händler der Vertrieb der Markenprodukte über das Internet generell ausgeschlossen wird. Denn gerade dieser Vertriebsweg ist heutzutage für viele Einzelhändler notwendig, um überhaupt noch wettbewerbsfähig zu sein.
Zulässig allerdings ist es grundsätzlich, solche Vertriebsbeschränkungen den Einzelhändler aufzuerlegen, die notwendig sind, um die betreffenden Artikel ihres Images, ihres Wertes und ihrer Bedeutung gemäß angemessen verkaufen zu können. So ist es beispielsweise anerkannt, dass der Vertrieb von komplexen technischen Geräten auf den Verkauf in Fachgeschäften mit entsprechender Beratung beschränkt werden darf. Ebenso ist es anerkannt, dass beim Vertrieb von Luxusprodukten Regelungen getroffen werden dürfen, die einen angemessenen Rahmen des Verkaufs sicherstellen, der dem luxuriösen Image der Marke keinen Schaden zufügt.
In einem jetzt vom Kammergericht Berlin entschiedenen Fall ging es um den Vertrieb von hochwertigen Schulranzen. Der Hersteller hatte die Belieferung an seine Vertriebspartner davon abhängig gemacht, dass diese die Produkte nicht über die Internetplattform eBay weiterverkaufen. eBay werde aufgrund seines ambivalenten Images dem Anspruch der Marke nicht gerecht, und drohe, das hohe Markenimage zu verwässern.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte bezüglich exakt das gleichen Schulranzenherstellers bereits entschieden, dass derartige Einschränkungen zulässig seien, zumal nicht generell der Vertrieb über das Internet untersagt worden sei, sondern vielmehr nur über bestimmte Plattformen, die bezüglich ihrer Seriosität nicht dem hohen Markenimage gerecht würden.
Das Kammergericht Berlin jedoch hat eine dazu konträre Entscheidung getroffen. Zwar sei es durchaus legitim, bestimmte Qualitätsanforderungen an die konkreten Vertriebskanäle der eigenen Produkte zu stellen, so dass grundsätzlich ein Verbot des eBay-Verkaufs rechtlich möglich sein könnte.
Problematisch im konkreten Fall war jedoch, dass der Hersteller der Schulranzen seine Produkte seit geraumer Zeit auch über eine bekannte Discounterkette vertrieb. Mit solch einem Vertriebsweg konterkariere er seine selbst gesetzten hohen Anforderungen an die Solidität der Vertriebswege. Die Beschränkung von Vertriebswegen sei auch dann nicht zulässig, wenn der Hersteller sein selektives Vertriebssystem nicht diskriminierungsfrei anwende. Genau hier sah das Kammergericht das Problem. Zwar handele es sich bei dem Vertrieb über das Internet und dem Vertrieb über Einzelhändler um völlig verschiedene Vertriebswege, dennoch erblickte es in dem Verbot des Vertriebs über eBay eine Diskriminierung der jeweiligen Einzelhändler, wenn gleichzeitig auf anderen Vertriebswegen, nämlich über Discounter, genau die hohen Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild des Vertriebsweges nicht gelten sollten.
Die beiden Entscheidungen des Kammergerichts Berlin und des Oberlandesgerichts Karlsruhe stehen sich scheinbar gegensätzlich gegenüber. Dies mag daran liegen, dass das OLG Karlsruhe den diskriminierenden Charakter der Vertriebsbeschränkungen angesichts des Discounterverkaufs nicht hinreichend berücksichtigt hat. Dennoch dürfte es in absehbarer Zeit angesichts divergierender OLG-Entscheidungen zu einer mit Spannung erwarteten Entscheidung des Bundesgerichtshofs kommen.
Und wieder ein neues Urteil, welches erneut die Behinderung des Online-Vertriebs als wettbewerbs- und kartellrechtswidrig eingestuft hat – dieses Mal vom Oberlandesgericht Düsseldorf in im Falle eines Herstellers von Badarmaturen …. zu finden auf meiner Internetseite unter
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