Ein aktuell vom Bundesverwaltungsgericht entschiedener Fall über die Befreiung von der Umsatzsteuer von Nachhilfestunden ist erst auf den zweiten Blick franchiserechtlich von Interesse. Denn es stellt sich in derartigen Fällen, in denen es um öffentlich-rechtliche Beziehungen und Rechtsverhältnisse hinsichtlich der im Rahmen des Franchise-Systems verkauften Güter oder Dienstleistungen geht, stets die Frage, wie hier die Verantwortlichkeiten zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer aufgeteilt sind.
Befreiung von der Umsatzsteuer für Nachhilfeunterricht
Ein Franchisenehmer eines prominenten Nachhilfe-Franchise-Systems wollte von der zuständigen Behörde eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a. bb. UStG haben. Eine solche Bescheinigung ist ein Grundlagenbescheid mit dem Inhalt, dass die von der betreffenden Person abzurechnenden Leistungen nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Konkret geht es um die Umsatzsteuerfreiheit von Nachhilfeleistungen, die nach dem Wortlaut des Gesetzes auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Überprüfung vorbereiten, und deren Lehrkräfte die dazu erforderliche Eignung besitzen.
Bestimmter Anteil ausgebildeter Lehrer als Indiz fachlicher Kompetenz?
Grundsätzlich war bereits vorher anerkannt, dass Nachhilfeinstitute durchaus einen den öffentlichen Schulen vergleichbaren Bildungsauftrag erfüllen, und dass deren Leistungen gegebenenfalls von der Umsatzsteuer zu befreien sind. In dem konkreten Fall hatten jedoch die vorinstanzlichen Gerichte dem konkreten Nachhilfeinstitut die Umsatzsteuerfreiheit für bestimmte Zeiträume verweigert. Dies geschah mit der Begründung, dass in diesem Zeitrahmen weniger als 25 % der Lehrer die Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen besäßen. Diese Quote war nach Ansicht der Instanzgerichte offensichtlich ein Indiz oder gar ein Nachweis dafür, dass an den betreffenden Nachhilfeschulen qualifizierter und geeigneter Unterricht erteilt würde.
Auf die konkrete Eignung des jeweiligen Lehrers zum Nachhilfeunterricht kommt es an
Dieser willkürlichen Abgrenzung nach einem bestimmten Prozentsatz ausgebildeter Lehrkräfte hat das Bundesverwaltungsgericht eine Absage erteilt. Schließlich komme es beim Nachhilfeunterricht nicht so sehr darauf an, erstmalig neuen Stoff einer großen Gruppe von Schülern zu vermitteln, sondern vielmehr darauf, bereits erlernten Lernstoff mit kleineren Gruppen von Schülern oder gar Einzelpersonen nachzuarbeiten. Für diese Aufgabe seien andere pädagogische Fähigkeiten erforderlich und eine Befähigung zum Lehramt an öffentlichen Schulen keineswegs zwingend notwendig. Vielmehr sei es in den meisten Fällen ausreichend, dass eine fachliche Eignung für das jeweilige Unterrichtsfach nachgewiesen sei. So könne beispielsweise ein Fremdsprachenkorrespondent durchaus Nachhilfeunterricht in Englisch erteilen. Das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, dass es also keinesfalls von einem bestimmten Prozentsatz ausgebildeter Lehrkräfte abhängen kann, ob die konkrete Nachhilfeschule in fachlich geeigneter Weise auf Schulabschlüsse vorbereitet. Vielmehr komme es auf eine Überprüfung im Einzelfall und auf die konkrete Befähigung der konkreten Nachhilfelehrer an. Da hinsichtlich der konkreten Befähigung in dem konkreten Fall keine Bedenken bestanden, hat das Bundesverwaltungsgericht die entsprechende Bescheinigung bezüglich der Umsatzsteuerfreiheit für die gesamten beantragten Zeiträume zuerkannt.
Für den Betrieb einer Nachhilfeschule sind derartige Fragen von grundsätzlicher Bedeutung. Insoweit verwundert es schon, dass ein einzelner Nachhilfelehrer sich einem derartigen Rechtsstreit bis hin zum Bundesverwaltungsgericht aussetzen muss.
Franchisegeber sollten rechtliche Rahmenbedingungen ihrer Produkte kennen
Ohne die konkreten Hintergründe im konkreten Franchisesystem genauer zu kennen, muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass es in der Regel erst einmal Sache des Franchisegebers ist, im Rahmen der Beschreibung und genauen Definition der zu erbringenden Dienstleistungen deren äußere Rahmenbedingungen genau zu kennen, zu beschreiben, und dem Franchisenehmer nahezubringen.
Solche rechtlichen Unsicherheiten, die die den Kern des Franchise-Systems betreffen, sollten die Ausnahme bleiben, damit nicht der einzelne Franchisenehmer derartigen rechtlichen Unwägbarkeiten ausgesetzt ist.
Rechtsänderungen und Rechtsprechungsänderungen erfordern ständige Aufmerksamkeit
Dennoch sollte hier nicht vorschnell dem Franchisegeber ein Vorwurf gemacht werden, denn zahlreiche Rechtsprobleme tauchen bisweilen trotz eines bereits lange erprobten Systems erstmalig auf, und überdies ändert sich auch regelmäßig die Rechtsprechung, so dass einmal erworbene Rechtssicherheit keineswegs für immer Bestand haben müssen.
Auf jeden Fall aber sollte der vorliegende Fall wieder einmal eine Mahnung an alle Franchisegeber sein, ihre Produkte und Dienstleistungen auch hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Relevanz, sei es was das Steuerrecht, das Gewerberecht, oder sonstiges Verwaltungsrecht betrifft, stets einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen.