In allen Arten von Vertragsformen, so aber auch insbesondere in Franchiseverträgen finden sich besondere Regelungen für Fälle von Vertragsverletzungen. Meist sind diese Regelungen natürlich sehr einseitig, weil es die wirtschaftlich stärkere Partei mit der größeren Verhandlungsmacht ist, die die jeweiligen Verträge als so genannte Formularverträge vorgibt. Aber natürlich steht auch die andere Seite nicht schutzlos da, sie ist lediglich bloß darauf angewiesen, auf die normalen gesetzlichen Regelungen für Schadenersatz zurückzugreifen.
Vertragsstrafenklauseln zugunsten des Franchisegebers
Gerade bei Kardinalverstößen gegen besonders wichtige Vertragspflichten, wie z.B. das Wettbewerbsverbot, rechtswidrige Markennutzung, Verstoß gegen Vertraulichkeitsvereinbarungen usw. liegt es im Interesse des Franchisegebers, durch abschreckende Klauseln im Vertrag von vornherein Zuwiderhandlungen zu verhindern. Wenn dem Franchisenehmer nämlich vor Augen geführt wird, was unmittelbar aufgrund einer Pflichtverletzung in wirtschaftlicher Hinsicht passieren kann, sinkt die Motivation, solche Verstöße zu begehen.
Vertragsstrafenklauseln entlasten von Beweis- und Berechnungsproblemen
Gäbe es keine konkreten Regelungen im Vertrag, so könnte der Franchisegeber Schadenersatz verlangen. Schadensersatz setzt jedoch einen nachweisbaren Schaden voraus, und einen solchen kann man nur dann gegenüber dem Vertragspartner geltend machen und einklagen, wenn man ihn konkret beziffern kann. Wie aber soll man den Schaden, der durch die Verletzung eines Wettbewerbsverbotes oder durch rechtswidrige Marknutzung entsteht, so einfach in konkreten Eurobeträgen beziffern? Natürlich hat die Rechtsprechung auch hierfür bestimmte Berechnungsmethoden oder Schätzwerte entwickelt. Viel einfacher aber ist es, im Vertrag von vornherein einen bestimmten Betrag vorzusehen, der quasi statt des Schadensersatzes als Strafe zu zahlen ist. Solche Vertragsstrafenklauseln sind bekanntermaßen ohne weiteres wirksam, solange sich die dort angegebenen Strafbeträge in einem halbwegs sinnvollen Verhältnis zu dem jeweiligen Verstoß bewegen, und solange diese im Streitfalle hinsichtlich ihrer Höhe durch ein Gericht überprüft werden können.
Höherer Schaden als Betrag der Vertragsstrafe?
Was aber passiert, wenn für eine bestimmte Art der Vertragsverletzung ein bestimmter Betrag an Vertragsstrafe im Vertrag geregelt ist, der Franchisegeber aufgrund des ganz konkreten Verstoßes im Einzelfall jedoch meint, sein Schaden sei ausnahmsweise deutlich höher. Muss er dann auf diesem Schaden sitzen bleiben? Nein, denn solche Vertragsstrafenklauseln schließen keineswegs aus, dass ein Franchisegeber dennoch regulär seinen Schaden berechnen und notfalls einklagen kann. Meist findet sich dann in dem Franchisevertrag eine klarstellende Klausel, die besagt, dass neben der entsprechenden Vertragsstrafe auch noch Schadensersatz geltend gemacht werden kann.
Doppelte Belastung des Franchisenehmers durch Schadensersatz und Vertragsstrafe?
Entscheidend ist nun aber, dass der Franchisenehmer natürlich nicht doppelt belastet werden soll, einerseits mit einer Vertragsstrafe, andererseits mit dem vollen Schadensersatz. Daher kann der Franchisenehmer Schadenersatz immer nur in der Höhe desjenigen Betrages verlangen, der die sowieso schon verwirkte Vertragsstrafe übersteigt. Damit dies klar ist, geht die Rechtsprechung in der Regel davon aus, dass solche Klarstellungsklauseln unbedingt auch erläutern müssen, dass auf einen eventuellen Schadensersatzanspruch der entsprechende Vertragsstrafenbetrag anzurechnen ist. Ohne solch eine Anrechnungsvorschrift betrachten die meisten Gerichte die gesamte Vertragsstrafenregelung als unwirksam mit der Folge, dass dann eben doch nur wieder normaler Schadensersatz mit all den Problemen der Nachweisbarkeit und der Berechnung verlangt werden kann.
Unberechenbare Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Vertragstrafenklauseln
Das Landgericht Düsseldorf ist jetzt im Rahmen eines Verfahrens eines Franchise-Systems, welches mobile Shops für Seniorenbekleidung betreibt, einen anderen Weg gegangen und hat entschieden, dass eine Klausel, die neben der Vertragsstrafe auf die Möglichkeit des Schadensersatzanspruches verweist, keineswegs unwirksam sei, wenn sie keine Anrechnungsvorschrift enthalte. Vielmehr ergebe sich ja aus dem gesamten Sinn und Zweck der Regelung und aus dem Gesetz, dass eine entsprechende Anrechnung erfolgen müsse. Auch versucht das Gericht, mit sprachlichen Spitzfindigkeiten herauszuarbeiten, dass eben doch eine solche Anrechnungsregelung sinngemäß dem Wortlaut der Klausel („weiterhin“) entnommen werden könne. Die konkrete Klausel in dem Franchisevertrag lautet: „Unabhängig von der Vertragsstrafe steht dem Franchisegeber weiterhin das Recht zu, Unterlassung, Schadensersatz und/oder Auskunft zu verlangen“.
Optimale Vertragsgestaltung bewahrt vor Überraschungen
Das Urteil, welches noch nicht rechtskräftig ist, zeigt, dass gerade hinsichtlich derartiger Vertragsstrafenregelungen vieles noch nicht abschließend von der Rechtsprechung entschieden ist. Aus Franchisegebersicht heißt es daher, sicherheitshalber ganz klare Formulierungen im Franchisevertrag zu verwenden, damit nicht bis zum Ende eines langen Gerichtsverfahrens völlig ungewiss bleibt, ob überhaupt irgendwelche Strafzahlungen verlangt werden können.
LG Düsseldorf, Az. 2a O 131/13, Urteil vom 03.06.2015