Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers? – Faktische Überlassung des Kundenstamms reicht nicht

Veröffentlicht von angelegt unter Franchiserecht, Franchising, Vertrieb.

Hatten wir in der vergangenen Woche an dieser Stelle ein Urteil des Bundesgerichtshofs über den Ausgleichsanspruch eines Vertragshändlers erörtert, so geht es dieses Mal um ein am selben Tage verkündetes Urteil des Bundesgerichtshofs, welches sich unmittelbar mit dem Ausgleichsanspruch eines Franchisenehmers beschäftigt.

Anerkannte Parallelen zwischen Vertragshändler und Franchisenehmer

Zwar war bereits bisher in der Rechtsprechung, insbesondere der Oberlandesgerichte, geklärt, dass die analoge Anwendung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs nach § 89b HGB auf Vertragshändler davon abhängt, ob der Vertragshändler vergleichbar einem Handelsvertreter in das Absatz- und Vertriebssystem des Herstellers eingebunden ist, und ob er rechtlich dazu verpflichtet wurde, nach Vertragsbeendigung die Kundendaten dem Hersteller zu überlassen. Ebenfalls war geklärt, dass grundsätzlich auch eine entsprechende Anwendung auf Franchisenehmer in Betracht kommt.

Endlich das erwartete BGH-Urteil zum Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers

Nunmehr jedoch gibt es endlich auch das entsprechende Urteil des Bundesgerichtshofs. Zwar äußert sich der Bundesgerichtshof erneut nicht abschließend zu der Frage, ob die Regeln des Handelsvertreterausgleichsanspruchs auf Franchisenehmer analog anwendbar sind, jedoch lässt sich die diesbezügliche Meinung des Bundesgerichtshofs dennoch im Wesentlichen aus den Urteilsgründen herauslesen.

Jedenfalls stellt der Bundesgerichtshof auch für den Franchisenehmer klar, dass ein Ausgleichsanspruch auf jeden Fall dann definitiv nicht in Betracht kommt, wenn es keine eindeutige und klare Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstamms gibt.

Weiternutzung des Kundenstamms ohne Kundendaten?

Genau diese Fälle kommen nämlich gerade in Franchisesystemen deutlich häufiger vor, als bei Vertragshändlern. Während die Rechtsprechung zu Vertragshändlern zu einem großen Teil sich auf Systeme der Automobilbranche bezieht, bei denen die jeweiligen Händler durchaus im Besitz der Daten ihrer Stammkunden sind, so besitzen die Franchisenehmer vieler Franchisesysteme, insbesondere im Einzelhandel und in der Gastronomie, überhaupt keinerlei Daten von ihren Kunden. Zwar mag es dort auch zahlreiche Stammkunden geben, jedoch werden im Einzelhandel und in der Gastronomie selten Kundendaten aufgenommen. Dies gilt insbesondere auch für Backshop-Ketten, so wie in dem dem Bundesgerichtshof vorliegenden Fall.

Im Einzelhandel und in der Gastronomie gibt es selten Kundendaten

Der Franchisenehmer hatte argumentiert, aufgrund des Charakters eines Selbstbedienungs-Backshops sei es ganz normal, dass er gar keine Kundendaten haben könne. Dennoch sei der Franchisegeber in der Lage, nach Beendigung des Franchisevertrages im Falle der Fortführung des Bäckereibetriebs an derselben Stelle genau dieselben Kunden weiter zu bedienen, die er, der Franchisenehmer, im Laufe der Jahre angeworben habe.

Aus Sicht des Unternehmers lässt sich eine solche Argumentation durchaus nachvollziehen, der Bundesgerichtshof jedoch bleibt strikt bei der Notwendigkeit einer rechtlich verbindlichen Überlassung der Kundendaten als Voraussetzung für einen Handelsvertreterausgleichsanspruchs.

Zwar stimme es möglicherweise durchaus, dass ein Franchisegeber, wenn er am selben Standort den Backshop weiter betreibe oder durch einen neuen Franchisenehmer weiterbetreiben lasse, im Wesentlichen auf den vorhandenen Kundenstamm zurückgreifen könne, den sich der bisherige Franchisenehmer erarbeitet habe. Zwingend sei dies jedoch nicht, so dass die Voraussetzungen einer Analogie zum Handelsvertreterausgleichsanspruch eindeutig fehlen würden.

Einzelfallgerechtigkeit oder Rechtssicherheit?

Man mag über dieses Urteil denken, was man will, für Rechtsklarheit sorgt es auf jeden Fall. In der Tat wäre es durchaus sehr problematisch abzugrenzen, wann ein Franchisegeber tatsächlich einen bestimmten Kundenstamm übernehmen könne, und wann nicht, gerade wenn die konkreten Kunden ihm überhaupt nicht bekannt sind. Daher eignet sich das Kriterium der rechtlichen Verpflichtung zur Überlassung der Kundendaten zur Abgrenzung, auch wenn es in Einzelfällen zu vermeintlichen Ungerechtigkeiten führen kann. Solche aufgrund der zahllosen im tatsächlichen Leben vorkommenden Sachverhaltsvarianten sich ergebenden Ungleichbehandlungen muss eine jede Rechtsordnung bis zu einem gewissen Grad hinnehmen.

BGH, Az. VII ZR 109/13, Urteil vom 05.02.2015

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