Im Vorfeld des Abschlusses eines Franchisevertrages geht es um Standortsuche, Finanzierung und um umfassende vorvertragliche Information durch den Franchisegeber. Zum einen muss der Franchiseinteressent umfassend und zutreffend über die wirtschaftliche Situation anderer Franchisenehmer und damit über die tatsächlichen Ertragsmöglichkeiten des Franchise-Systems informiert werden, um sich selbst ein realistisches Bild machen zu können. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen benötigt er aber auch, um seiner finanzierenden Bank einen plausiblen Businessplan vorlegen zu können.
Franchisegeber ist nicht zu Erstellung eines Businessplans verpflichtet
Es ist nicht die Aufgabe eines Franchisegebers, für den Franchisenehmer im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung einen Businessplan zu erstellen. Wenn ein Franchisegeber dies gleichwohl tut, müssen die darin enthaltenen Zahlen auf belastbaren Erfahrungswerten beruhen, und der Businessplan muss insgesamt auf den konkreten Standort des zukünftigen Franchisenehmers zugeschnitten sein.
Einbeziehung von Unternehmensberatern zur Erstellung eines Businessplans
Häufig ist es aber so, dass ein Franchiseinteressent ein außenstehendes Beratungsunternehmen mit der Erstellung eines Businessplanes beauftragt, um diesen dann seiner Bank vorlegen zu können. Rechtlich unproblematisch ist die Situation, wenn sich der Franchiseinteressent dieses Beratungsunternehmen selbst aussucht, und ihm selbst die notwendigen Zahlen als Grundlage für den Businessplan übermittelt.
Ständige Zusammenarbeit des Unternehmensberaters mit dem Franchisegeber
Problematisch wird es jedoch, wenn das Beratungsunternehmen regelmäßig mit dem Franchisegeber zusammenarbeitet, und dem Franchiseinteressenten von ihm empfohlen wird. Wenn dann noch die dem Businessplan zugrunde gelegten Zahlen alle unmittelbar vom Franchisegeber übermittelt wurden, stellt sich die Frage, ob der Franchisegeber nicht möglicherweise für die Richtigkeit bzw. Belastbarkeit des erstellten Businessplanes haftet.
Fehlerhafter Businessplan als Aufklärungsmangel?
Mit einem solchen Fall hatte sich jüngst in zweiter Instanz das Oberlandesgericht Frankfurt zu beschäftigen. Ein Franchisegeber empfahl seinen zukünftigen Franchisenehmern stets ein bestimmtes Beratungsunternehmen, welches aufgrund der regelmäßigen Tätigkeit, und zudem auch aufgrund familiärer Verbindungen zu einem anderen Franchisenehmer bestens mit dem Franchisesystem vertraut war. Außerdem kamen nahezu sämtliche Zahlen, die das Beratungsunternehmen für den Businessplan verwendete, unmittelbar vom Franchisegeber. Formal allerdings erteilte der zukünftige Franchisenehmer dem Beratungsunternehmen den Auftrag zur Erstellung des Businessplans.
Nachdem der Franchisenehmer später den abgeschlossenen Franchisevertrag angefochten hatte, berief er sich bezüglich angeblich unvollständiger und fehlerhafter vorvertraglicher Aufklärung darauf, dass die wirtschaftliche Darstellung des Franchisesystems, wie sie sich aus dem von dem Beratungsunternehmen erstellten Businessplan ergab, völlig unrealistisch sei. Er sei somit in erheblichem Maße über die Ertragsmöglichkeiten mit dem Franchisesystem getäuscht worden.
Ein empfohlenes Beratungsunternehmen ist kein „Erfüllungsgehilfe“ des Franchisegebers
Sowohl das Landgericht Darmstadt als auch das Oberlandesgericht haben die Schadensersatzklage des Franchisenehmers abgewiesen. Zwar könne es sein, dass die Zahlen des Businessplanes nicht auf einer realistischen Grundlage beruhten. Hierauf komme es jedoch nicht an, weil der Franchisegeber nicht für die Tätigkeit des Beratungsunternehmens hafte. Zum einen habe er sich nicht des Beratungsunternehmens bedient, um seine Verpflichtung zur vertraglichen Aufklärung zu erfüllen. Er habe nämlich seinerseits in einem umfangreichen Informationspaket zahlreiches Zahlenmaterial zur Verfügung gestellt, sodass es einer ergänzenden vorvertraglichen Aufklärung, indirekt durch die Erstellung des Businessplanes durch das Beratungsunternehmens, gar nicht bedurft habe. Außerdem sei der Businessplan nicht zum Zwecke der vorvertraglichen Aufklärung, sondern vielmehr zum Zwecke der Erlangung einer Bankfinanzierung erstellt worden. Schließlich sei ein Franchisegeber auch schon gar nicht verpflichtet, überhaupt einen Businessplan zu erstellen.
Strikte Trennung zwischen vorvertraglicher Aufklärung und Erstellung des Businessplans
Das Gericht hat sich in seiner Begründung nicht auf die Argumentation des Franchisenehmers eingelassen, das Beratungsunternehmen erscheine aufgrund seiner ständigen Zusammenarbeit mit dem Franchisegeber quasi als dessen rechtlicher „Erfüllungsgehilfe“. Ebenfalls sah das Gericht keinen Grund für eine Haftung des Franchisegebers, weil er dem Beratungsunternehmen das Zahlenmaterial zur Verfügung gestellt habe. Schließlich könne eine irreführende Darstellung der wirtschaftlichen Ertragsmöglichkeiten auch nicht darin gesehen werden, dass jedenfalls durch die Zusammenschau sämtlicher Zahlenwerke, die einerseits der Franchisegeber direkt zur Verfügung gestellt habe, und die andererseits sich aus dem von dem Beratungsunternehmen entwickelten Businessplan ergeben, ein falsches Gesamtbild von dem Franchisesystem entstehe.
Klare Gestaltung von Vertragsbeziehungen mindert Haftungsrisiken
Das Urteil beschäftigt sich mit einer nicht ganz unwichtigen Thematik im Vorfeld der Begründung einer Franchisepartnerschaft. Es sollte klar und deutlich getrennt werden zwischen Beratern, Vermittlern und anderen Hilfspersonen, die quasi im Auftrag des Franchisegebers oder zumindest zwecks Erfüllung bestimmter Verpflichtungen des Franchisegebers tätig werden, und solchen Unternehmen, die ausschließlich im Auftrage des Franchisenehmers agieren. Kommt es hier zu Überschneidungen angesichts miteinander verflochtener Geschäftsbeziehungen, so besteht stets die Gefahr späterer rechtlicher Auseinandersetzungen im Hinblick auf die Aufklärungspflichten eines Franchisegebers. Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt bezieht sich jedoch nur auf den konkreten Einzelfall, jede leicht anders geartete Konstellation könnte schnell auch zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen.
OLG Frankfurt am Main, Az. 12 U 7/21, Urteil vom 01.12.2021