Auch wenn es im deutschen Recht kein eigenständiges Franchise-Gesetz gibt – trotz der teilweise populistischen Forderungen so mancher Interessenvertreter –, sind Franchiseverträge dennoch an Recht und Gesetz gebunden. Vorschriften, die direkt oder analog auf Franchiseverträge angewendet werden, finden sich im bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Handelsgesetzbuch (H GB), in den deutschen Wettbewerbs- und Kartellgesetzen, aber auch im europäischen Recht, so z.B. vor allem in Art. 101 AEUV und in der so genannten Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Verbindungen (Vertikal-GVO).
Gerade dieser europäischen Rechtsnormen haben insbesondere die kartellrechtliche Problematik von Franchisesystemen im Blick, da es sich ja letztlich bei sämtlichen Betrieben eines Franchisesystems um selbstständiger Unternehmer handelt, die alle mit ihrem Franchisegeber im Rahmen des Franchisevertrages bestimmte Absprachen getroffen haben, die sich möglicherweise auf den Wettbewerb negativ auswirken können. Daher sind solche Absprachen zwischen selbständigen Unternehmen grundsätzlich auch verboten, wenn sie nicht aufgrund der in der Gruppenfreistellungsverordnung geregelten Ausnahmen ausnahmsweise erlaubt sind. Voraussetzung dafür, dass solche Vereinbarungen, nämlich in unserem Beispiel die konkreten Franchiseverträge, erlaubt sind, ist beispielsweise, dass es im Wesentlichen keine Preisabsprachen gibt. Dies ist also der Grund dafür, dass der Franchisegeber seinen Franchisenehmer die eigenen Endkundenpreise nicht vorgeben darf. Auch darf der Franchisegeber im Regelfall nicht generell verbieten, die betreffenden Produkte oder Dienstleistungen über das Internet zu vertreiben. Weiter ist es verboten, seinen Franchisenehmern Vertragsabschlüsse mit Kunden außerhalb des eigenen Vertragsgebiets zu untersagen, sofern sich diese von sich aus an den betreffenden Franchisegeber wenden (Beschränkung des passiven Verkaufs). Schließlich darf ferner nicht untersagt werden, dass sich die Franchisenehmer untereinander die Produkte verkaufen, wenn gegebenenfalls der eine von einem Artikel mehr benötigt als der andere (Querlieferungen).
Sollten sich in einem Franchisevertrag derartige unerlaubte Klauseln („Schwarze Klauseln“, Kernbeschränkungen) finden, so führt dies häufig zur vollständigen Unwirksamkeit des gesamten Franchisevertrages.
Allerdings gibt es eine Bekanntmachung der Europäischen Kommission (so genannte Bagatell- oder De-minimis-Bekanntmachung), die bestimmte Marktanteilsschwellen festgelegt, unterhalb derer selbst solche eigentlich verbotenen Klauseln nicht zu rechtlich relevanten Wettbewerbsbeeinträchtigungen führen sollen. Diese Bekanntmachung ist insbesondere interessant für kleine Franchisesysteme, bei denen sowohl die Franchisegeberseite, als auch die Franchisenehmerseite insgesamt einen nur sehr geringen Marktanteil (weniger als 10 %) in der entsprechenden Branche besitzen. Da bei einem derart geringen Marktanteil sich entsprechende Vereinbarungen nur minimal auf den gesamten Wettbewerb der betreffenden Branche auswirken können, sollen in solchen Fällen die oben genannten Klauseln nicht verboten sein.
Immer wieder allerdings wird darüber gestritten, ob die nationalen Gerichte, also beispielsweise die deutschen Gerichte, bei ihrer Beurteilung, ob bestimmte Klauseln in einem Franchisevertrag gezielt wettbewerbsbeeinträchtigenden Charakter haben, zwingend an diese Bagatell-Bekanntmachung der Europäischen Kommission gebunden sind. Zu dieser Frage hat sich nunmehr der Europäische Gerichtshof geäußert, nachdem es in Frankreich zu einem entsprechenden Gerichtsverfahren gekommen war.
Der europäische Gerichtshof hat klar und deutlich gesagt, dass diese so genannte Bagatell-Bekanntmachung keinen Gesetzescharakter habe, und dass sie für die nationalen Wettbewerbsbehörden und für die nationalen Gerichte unverbindlich sei. Sie liefere lediglich Indizien und Anhaltspunkte dafür, ab welcher Marktanteilsschwelle in der Regel Wettbewerbsbeschränkende Beeinträchtigungen vorliegen können. Letztlich binde diese Bekanntmachung aber nur die Europäische Kommission selber, wenn sie selbst im Rahmen europäischer Bußgeldverfahren entsprechende Unternehmen verfolgen will. Denn als Behörde der Exekutive sei sie an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden und könne nicht willkürlich in jedem Einzelfall anders entscheiden.
Durch diese Entscheidung hat der europäische Gerichtshof den nationalen Gerichten bei der Beurteilung der Frage, ob im konkreten Einzelfall eine Klausel in einem Franchisevertrag wettbewerbsverzerrenden Wirkung habe und daher nichtig sei, einen weiten Ermessensspielraum eingeräumt. Damit können die deutschen Gerichte im jeweiligen Einzelfall konkret entscheiden, ob sie eine entsprechende Klausel für wettbewerbswidrig halten. Das kann einerseits dazu führen, dass selbst Franchisesysteme mit einem noch geringeren Marktanteil als 10 % aufgrund der gezielt wettbewerbsbeschränkenden Regelung mit entsprechenden Klauseln durchfallen, dass aber andererseits auch Unternehmen mit einem höheren Marktanteil als 10 % im Einzelfall mit den oben genannten Klauseln durchkommen.
Für alle Franchisesysteme, die sich in der Nähe dieser 10 %-Marke hinsichtlich ihres Marktanteils bewegen, schafft dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofes eine gewisse Rechtsunsicherheit, da nicht klar ist, ob die entsprechenden kritischen Klauseln bei Gericht durchgehen oder nicht. Andererseits bieten sie aber auch sowohl der Franchisegeber-, als auch der Franchisenehmerseite die Chance, durch entsprechende Argumentation und Darlegung der Auswirkungen von solchen Klauseln bei Gericht zum Erfolg zu gelangen (je nach Zielrichtung Nichtigkeit oder Bestand des Franchisevertrages).
Kleinere Franchisesysteme sind daher gut beraten, gerade wenn sie sich aufgrund ihres geringen Marktanteils fern jeglichen Unterworfenseins unter europäische Rechtsvorschriften wähnen, Vorsicht bei ihrer Vertragsgestaltung walten zu lassen. Ebenso ist Franchisenehmern solcher Systeme, die verzweifelt nach einem Ausstieg suchen, eine entsprechende spezialisierte anwaltliche Beratung sehr nahe zulegen.