Torten nach Hausfrauenart – ein qualifiziertes Handwerk?

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Besonderen Schutz genießt in Deutschland das etablierte Handwerk. Darüber wachen die Handwerkskammern. Auch das Konditorenhandwerk fällt darunter. Es darf also nicht einfach ein jeder Torten backen, und diese dann verkaufen. Das bekam nun auch ein aufstrebendes kleines Franchisesystem mit dem Namen KuchenKlatsch zu spüren.

Kuchen „nach Hausfrauenart“ aus dem privaten Backofen der Franchisenehmerin

Das Franchisesystem zeichnete sich dadurch aus, dass die Franchisenehmerinnen in ihren eigenen privaten Küchen Kuchen, Torten, Cupcakes und Ähnliches buken, alles nach den „Rezepten nach Hausfrauenart“, wie sie sie von der Franchisegeberin zur Verfügung gestellt bekamen, und diese dann an hungrige Kunden auslieferten.

Von Beginn aber kam es zu Konflikten mit den Handwerkskammern. Um ein anerkanntes Handwerk auszuüben, bedarf es einer entsprechenden Ausbildung und einer Eintragung in der Handwerksrolle. Weder die Franchisegeberin jedoch, noch die Franchisenehmerinnen waren ausgebildete Konditoren.

Minderhandwerk als nicht ausbildungsgebundene Tätigkeit

Angesichts der ständigen Konflikte gab man dann die eigene Tätigkeit als so genanntes Minderhandwerk aus, und wies überall, unter anderem auch auf der Internetseite, darauf hin, dass keine ausgebildeten Konditorinnen am Werke seien. Minderhandwerk ist nicht eintragungspflichtig, und nicht an eine Ausbildung gebunden. Von Minderhandwerk spricht man dann, wenn lediglich einzelne Teilbereiche eines Handwerksberufes zum eigenen Tätigkeitsportfolio gehören, die nicht den wesentlichen Kern dieses Handwerks ausmachen.

Ist das Backen von Kuchen und Torten Kern der Tätigkeit eines Konditors?

Auf Initiative der Handwerkskammer kam es dann schließlich zu einem Musterverfahren gegen eine einzelne Franchisenehmerin vor dem Landgericht Heilbronn. In dem nun ergangenen Urteil gab das Landgericht der Handwerkskammer Recht. Auch wenn es sich, so wie die Franchisegeberin beteuerte, bei den für das Backen der betreffenden Kuchen und Torten notwendigen Arbeiten lediglich um einfache, jeder Hausfrau geläufige, Tätigkeiten handelte, die überdies im Rahmen einer höchstens zweiwöchigen Ausbildung erlernt werden könnten, so bilden sie doch nach Ansicht des Gerichts den zentralen wesentlichen Kern des Konditorhandwerks. Die Partner des Franchisesystems dürfen daher nunmehr nicht mehr in der bisherigen Form am Markt auftreten und ihre hausgebackenen Köstlichkeiten vertreiben.

Die Franchisegeberin hat allerdings bereits Konsequenzen gezogen, und will ihr System nunmehr bruchlos weiterführen mit einem umfassenderen Angebot als Caterer, und dabei zusätzlich zu den süßen Leckereien auch herzhafte Dinge anbieten. Ob nur dadurch, dass das Backen von Kuchen und Torten dann nicht mehr die alleinige Hauptbeschäftigung der Franchisenehmerinnen ist, sich die vom Landgericht Heilbronn festgestellte Rechtslage entscheidend ändert, mag allerdings bezweifelt werden.

Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit qualifizierter handwerklicher Tätigkeit

Das Urteil bietet Anlass für eine grundlegende Auseinandersetzung mit dem Wesen handwerklicher Tätigkeit. Natürlich mag es einerseits sein, dass man bereits mit wenigen Handgriffen und langjähriger Hausfrauenerfahrung hervorragende Torten backen kann. Andererseits aber dürften doch die Fertigkeiten und die Kompetenz eines Konditors angesichts seiner mehrjährigen Ausbildung weit über das hinausgehen, was so ein althergebrachtes Kuchenrezept verlangt. Dass dann die Ergebnisse für den Tortenfreund keineswegs am Ende immer besser sind, steht auf einem anderen Blatt.

Prüfung rechtlicher Grundbedingungen gehört zur Entwicklung eines Franchisekonzeptes

Auch für die Franchisebranche gibt dieses Urteil Anlass, stets genau die rechtlichen Voraussetzungen des eigenen Franchisekonzepts zu überdenken und überprüfen zu lassen. Genau dies hatte nämlich die Franchisegeberin von KuchenKlatsch nicht getan, wenn sie in einem ausführlichen Blog-Artikel schreibt, sie habe sich auf die telefonische Auskunft irgendeiner mit ihr zufällig verbundenen Mitarbeiterin einer Handwerkskammer verlassen hinsichtlich der Zulässigkeit ihres Konzeptes.

Beachtung rechtlicher Unterschiede bei der Internationalisierung von Franchisesystemen

Auch bei der Internationalisierung von Franchisesystemen sind gerade solche Fragen immer wieder von entscheidender Bedeutung. Mag es in dem einen Land ohne weitere rechtliche Voraussetzungen möglich sein, eine bestimmte Tätigkeit auszuüben, oder ein bestimmtes Produkt zu vertreiben, so mag dies in einem anderen Land an so manche Voraussetzungen oder Genehmigungen gebunden sein. Daher funktioniert keineswegs jedes Franchisesystem in jedem Land gleich gut, von den Bedürfnissen und Interessen des Endkunden und von der jeweiligen Landeskultur einmal völlig abgesehen.

LG Heilbronn, Urteil vom 14.01.2016

2 Kommentare zu "Torten nach Hausfrauenart – ein qualifiziertes Handwerk?"

  1. Wiebke sagt:

    Interessant, dass man Kuchen a la Hausfrauenart schon anmelden müsste. Ein durchaus lesenswerter Bericht

  2. Claudia sagt:

    Was ist denn nun, wenn ich nur eine einzige Art Kuchen z.B. Streusselkuchen fertigen und verkaufen möchte?

    Mit Konditorenhandwerk hat das doch eigentlich gar nichts zu tun.

    Die Ausnahmebewilligungen sind irre teuer und stellt kein Verhältnis zu dem Herstellen EINER Kuchensorte dar. Handelt es sich beim Herstellen einer Kuchensorte um Minderhandwerk?

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